Du musst nicht unbedingt die Wildnis aufsuchen, um zu dir selbst zu finden. Vor allem musst du dich nicht Gefahren aussetzen und dein Leben oder deine Gesundheit riskieren, um dich zu spüren.
Im grandiosen Film „Into the Wild“ von Sean Penn steigt der Student Christopher McCandless aus der Zivilisation aus. Nach einer zweijährigen Reise durch Nordamerika sucht er in der Einsamkeit Alaskas nach sich selbst. Der Film drückt mit seinen fantastischen Bildern und seinem grossen Spannungsbogen eine Sehnsucht aus, von der mir schon viele Menschen erzählt haben: die Sehnsucht, endlich bei sich anzukommen.
Hin …
Die Einsamkeit kann dir tatsächlich helfen, dein Innerstes zu erforschen und einen Weg zu finden, dein eigenes Leben zu leben. Nur mit sich selbst konfrontiert, alle Ablenkungen des Alltags zurückgelassen, fällt es vielen leichter, sich zu stellen und ehrlich zu sich selbst zu sein.
Wer dafür zig Quadratkilometer Wildnis zwischen sich und die Zivilisation bringt, wer sich Gefahren aussetzt und sein Leben riskiert, der macht die Konfrontation mit sich selbst lediglich noch unausweichlicher. Doch meiner Erfahrung nach ist es meistens völlig unnötig, die Suche so auf die Spitze zu treiben.
Wie dem auch sei, Christopher McCandless hat schliesslich in Alaska gefunden, wonach er gesucht hatte: Er fand sich und die Liebe. Doch er bezahlte einen hohen Preis dafür!
… und zurück!
Früher oder später wird der Impuls, der dich dazu treibt dich zurückzuziehen, in sein Gegenteil verkehrt: Zurück zu den Menschen! Du bist wie jeder Mensch ein soziales Tier. Wir können auf Dauer nicht glücklich sein, wenn wir alleine bleiben. In der Einsamkeit kannst du zwar dich selbst finden, aber niemand findet in der Einsamkeit Erfüllung.
Wenn du eine Erkenntnis hast, dann kommt mit Macht das Verlangen dich mitzuteilen. Dann möchtest du deine Erkenntnis mit jemandem teilen. Das Mitteilen hilft dir beim Verarbeiten deiner Erlebnisse und Erkenntnisse. Das Diskutieren darüber hilft dir beim Einordnen und Sortieren. So gibst du deinen Gedanken und Erinnerungen und dir selbst einen Platz in der Welt.
Also: Zuerst findest du dich. Dann teilst du dich mit. Erst dann ist deine Sehnsucht gestillt. Denn jedes Abenteuer beinhaltet zwei Reisen: den Hinweg und den Rückweg.
Das Abenteuer in dir
Wer diesen zweiten Schritt nicht meistert, wer sich nicht mitteilen kann, der wird nicht voll am Leben teilhaben und verwehrt auch anderen den Zugang zu seinem Leben – der bleibt letztlich allein.
Auch dafür bietet „Into the Wild“ eine starke Metapher: Christopher findet am Ende, was er gesucht hat: Er ist bei sich angekommen. Jetzt ist er bereit zurückzukehren in die Gesellschaft. Aber der Weg zurück ist ihm abgeschnitten, die Natur ist mächtiger als er und nimmt ihm das Leben. Und so kann er nicht teilen, was er gefunden und erfahren hat. Er stirbt geschwächt den Hungertod – einsam und ohne Erfüllung.
Darum erkenne und verfolge nicht nur deine Sehnsucht, sondern übe und lerne das Teilen! Wenn du sowohl die Einsamkeit, die Stille, die Meditation zum Erkenntnisgewinn nutzen kannst als auch die Gesellschaft der Menschen, um deine Erkenntnisse zu teilen, dann kannst du Erfüllung in deinem Leben finden.
Welche Erfahrungen hast du in der Stille gemacht?
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